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Warum wissenschaftliche Bezeichnungen verwenden?

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Wissenschaftliche Bezeichnungen für Pflanzen und Tiere sind oft wirklich nicht leicht zu merken, weshalb die meisten gerne auf die deutschen Namen zurückgreifen. Nicht selten kommt es dabei allerdings dann zu Verwechslungen und darauf folgen ungünstige Beratungen.

Das Problem dabei ist, dass es für ein und dieselbe Pflanzen- oder Tierart mehrere identische oder teils recht ähnliche deutsche Bezeichnungen gibt und oft werden auch nur Abkürzungen oder Kurzformen verwendet. Der lateinische Name bzw. die wissenschaftliche Bezeichnung kommt dagegen nie doppelt vor. Anhand von ein paar Beispielen möchten wir im nachfolgenden aufzeigen, warum es besser wäre zumindest nicht allein die deutschen Namen zu verwenden.

  • Sammelbezeichnungen

Manche Pflanzen werden pauschal Wasserkelche, Speerblätter, Schwertpflanzen etc. genannt. Das ist soweit auch richtig in Bezug auf die Gattung, sagt aber nicht immer etwas über die Größe und Pegeansprüche aus, denn je nach Unterart kann es hier deutliche Unterschiede geben.

Nehmen wir als Beispiel die Wasserkelche (Cryptocoryne) wovon es über 60 Unterarten gibt. Da wäre unter anderem der Zwergwasserkelch (Cryptocoryne parva), eine mit etwa 3 bis 5 cm recht kleinbleibende, langsam wachsende Panze, welche ein wenig mehr Ansprüche an Nährstoffe und Licht hat.

Dagegen gibt es unter anderem den Hammerschlag-Wasserkelch (Cryptocoryne balansae), der etwa 5 cm breite und locker 80 bis 100 cm lange, gehämmerte Bänder entwickelt und etwas weniger Ansprüche stellt, als der Zwergwasserkelch. Unten am Foto im Hintergrund zu sehen. Das Becken hat die Maße 120x40x50 cm und die Bänder sind so lang geworden, dass sie schon eißig auf der Wasseroberäche uten. Rechts im Eck vorne dagegen wären zum Beispiel mittelgroße Cryptocoryne beckettii sowie Cryptocoryne wendtii ‚Tropica‘ zu sehen.

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Ähnlich ist es bei einigen Fischarten. So werden unter anderem gerne die Begriffe Kampfsch, Killisch, Zwergbärbling und dergleichen verwendet. Für die Familien und Gattungen mag das ebenfalls zutreffend sein, doch es gibt wieder etliche Arten, welche teils sehr unterschiedliche Ansprüche und Bedürfnisse haben.

Nehmen wir den Kampfsch. In Foren wird oft gefragt, ob man einen Kampfsch in sein Becken setzen kann. Dabei ist zwar meist der Siamesische Kampfsch (Betta splendens) gemeint, doch es gibt auch noch eine Vielzahl anderer „Kampfsche“ wie zum Beispiel der rote Kampfsch (Betta coccina), der LaubZwergkampfsch (Betta persephone), der Blaukehlchen-Kampfsch (Betta kuehnei) oder der bis zu 16 cm groß werdende Riesenkampfsch (Betta unimaculata). Hier unterscheiden sie sich nicht nur in der zu erwartenden Größe, sondern auch enorm vom Verhalten her, von den Ansprüchen an Wasserwerte, Temperatur und Einrichtung sowie auch von der Vermehrungsart (Schaumnestbauer, Maulbrüter). Daher auch hier lieber die wissenschaftliche Bezeichnung verwenden, als dass mittendrin ein Betta unimaculatus in einem 20 Liter Becken sitzt.

  • Abkürzungen und Kurzformen

Auch bei Abkürzungen und Kurzformen kann es schnell zu Missverständnissen oder Verwechslungen kommen und besonders Anfänger tun sich hierbei oft sehr schwer, wie zum Beispiel bei „HCC“, was für das Zwergperlkraut (Hemianthus callitrichoides ‚Cuba‘) steht.

Bei C. bleheri wissen ebenfalls viele nicht, was sie damit anfangen müssen. Ist damit jetzt der BlehersRegenbogensch (Chilatherina bleheri) oder der Regenbogen-Schlangenkopf (Channa bleheri) gemeint? In solchen Fällen spucken Suchmaschinen auch nicht immer passende Ergebnisse aus.

Wird von „Neons“ gesprochen, denken unseren Beobachtungen nach die meisten an den Neonsalmler, doch es gibt noch viele weitere, welche umgangssprachlich oft „Neon“ genannt werden und da wären unter anderem:

– Neonsalmler (Paracheirodon innesi)

– Roter Neon (Paracheirodon axelrodi)

– Blauer Neon (Paracheirodon simulans)

– Schwarzer Neon (Hyphessobrycon herbertaxelrodi)

– Grüner Neon (Hemigrammus hyanuary)

– Goldener Neon / Goldtetra (Hemigrammus rodwayi)

– Rote Neongrundel (Stiphodon rutilaureus / ornatus)

Beschäftigt man sich nun mit dem Verhalten, den Ansprüchen an Wasser, Einrichtung und Vergesellschaftung der jeweiligen Arten, so stellt man fest, dass manche zwar ähnliche Bedürfnisse haben, es aber auch Unterschiede gibt und optisch sehen sie auch teils völlig anders aus.

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Interessant wird es, wenn in einer Gruppe von „Kardinälen“ oder „Kardinälchen“ geschrieben wird. Im aquaristischem Bereich ist da zwar sicherlich nicht von dem religiösem Titel die Rede, nur weiß man ohne weitere Infos nicht, ob damit nun Kardinalsche / Kardinälchen (Tanichthys albonubes) gemeint sind oder Kardinalsgarnelen (Caridina dennerli). Zwei Tierarten, die absolut nichts gemeinsam haben.

  • identische deutsche Bezeichnungen

Wie schon erwähnt, gibt es für viele Pflanzen- und Tierarten gleiche deutsche Bezeichnungen und das kann ebenso zu Missverständnissen führen und letztendlich zu ungünstigen Beratungen.

Da wäre unter anderem „Zebrabuntbarsch“, für den uns auf Anhieb zwei Buntbarscharten einfallen, welche nicht nur optisch anders sind, sondern auch völlig unterschiedliche Bedürfnisse haben.

Der Zebrabuntbarsch (Amatitlania nigrofasciata) stammt ursprünglich aus Mittelamerika, wird gut 8 bis 12 cm groß, bevorzugt härteres, alkalisches Wasser und ernährt sich vorwiegend von Mückenlarven und ähnlichem. Der Zebrabuntbarsch (Metriaclima estherae) dagegen ist ein Felsencichlide aus dem Malawisee (Afrika), wird etwa 12 bis 14 cm groß, braucht größere Steinaufbauten, bevorzugt weiches, alkalisches Wasser und ernährt sich von Algenaufwuchs.

Wer weiß, wieviele andere Buntbarsche umgangssprachlich oder fälschlicherweise noch Zebrabuntbarsche genannt werden, nur weil sie ein entsprechendes Streifenmuster aufweisen, wovon es nicht gerade wenige gibt.

Ein weiteres gutes Beispiel wären Schmetterlingsbuntbarsche, von denen uns neben dem südamerikanischem Schmetterlingsbuntbarsch (Mikrogeophagus ramirezi) noch der bolivianische Schmetterlingsbuntbarsch (Mikrogeophagus altospinosus) sowie der afrikanische Schmetterlingsbuntbarsch (Anomalochromis thomasi) einfällt.

  • ähnliche Bezeichnungen

Schnell kommt es zu Verwechslungen bei ähnlichen Bezeichnungen wie zum Beispiel bei den folgenden Pflanzen:

– Kleefarn oder Zwergkleeblatt (Marsilea hirsuta)

– Kleeblatt (Hydrocotyle tripartita)

– Zwergperlkraut (Hemianthus callitrichoides ‚Cuba‘)

– Zierliches Perlkraut (Hemianthus glomeratus / micranthemoides)

– Rundblättriges Perlenkraut (Micranthemum umbrosum)

– Nixkraut (Najas guadalupensis)

– Hornkraut (Ceratophyllum demersum)

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Diese Aufzählungen könnten wir noch lange fortsetzen und zig weitere Beispiele aufführen. Fest steht jedenfalls, dass man mit den deutschen Namen leicht aneinander vorbei reden kann. Außerdem tauchen auch immer wieder neue Bezeichnungen für Tiere und Pflanzen auf, welche eigentlich ja schon einen deutschen Namen haben.

Ein weiterer Punkt, der dafür steht, sich die wissenschaftlichen Namen einzuprägen wäre, dass im Handel größtenteils eben mit jenen Bezeichnungen gearbeitet wird. Der Grund liegt darin, dass sehr viele Fische, Garnelen, Schnecken, Pflanzen und dergleichen importiert werden – sei es von großen ausländischen Zuchtfarmen oder als Wildfänge. Die im Ausland arbeiten daher ausschließlich mit den wissenschaftlichen Namen, denn sie liefern ja nicht nur nach Deutschland, sondern auch in andere Länder und da würde es den Rahmen mehr als sprengen, wenn sie für jede Art noch den jeweiligen umgangssprachlichen Namen eintragen würden.

Bei den wissenschaftlichen Namen gibt es zwar auch immer wieder mal Änderungen, unter anderem wenn eine neue Gattung eingeführt wurde oder weil eine Art vorher schon mal beschrieben war oder es lag einfach eine falsche Bestimmung vor. So wurden zum Beispiel die Algengarnelen Neocaridina heteropoda vor einiger Zeit zu Neocaridina davidi umbenannt oder der Orangesaumbuntbarsch Aequidens rivulatus in eine neue Gattung überführt, weshalb er nun Andinoacara rivulatus heißt. Letztenendes bekommt man jedoch sowohl mit der alten als auch mit der neuen Bezeichnung immer ausreichend Infos und eine Verwechslung ist so gut wie ausgeschlossen.

Wir haben es uns auf jedenfall angewöhnt, wenigstens einmal im Textverlauf die deutsche als auch die wissenschaftliche Bezeichnung anzugeben und achten besonders bei Gesprächen mit Anfängern darauf, dass sie mit den wissenschaftlichen Namen vertraut werden. Wir verstehen natürlich, dass die sich oft nur schwer merken lassen – ging uns ja auch nicht anders, zumal man gerade am Anfang mit sovielen Infos überschüttet wird, dass man den Wald vor lauter Bäume nicht mehr sieht, aber mit der Zeit wird das schon leichter. Hilfreich dabei ist, wenn man die Namen ein paar mal ausspricht und sich neben dem Aquarium oder im Unterschrank einen Zettel hinterlegt, auf dem man von den vorhandenen Pflanzen und Tieren die vollständigen Bezeichnungen notiert.

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