Bei kaum einem anderen Bereich der Aquaristik gehen die Meinungen und Erfahrungswerte weiter auseinander als bei den Wasserwechseln im Aquarium. Fragt man fünf Leute wie oft und wieviel Wasser sie wechseln, bekommt man in der Regel auch fünf verschiedene Antworten und das kann besonders für Anfänger doch sehr verwirrend sein.
Da wären zum einen die sogenannten Altwasseraquarien, in denen nur alle paar Monate ein Bruchteil des Volumens gewechselt wird oder sogar auch nie und nur verdunstetes Wasser aufgefüllt wird. Das kann tatsächlich sehr gut funktionieren, doch braucht sowas ein gutes Feingefühl, ein geübtes Auge und alles sollte gut aufeinander abgestimmt sein.
Die meisten Aquarianer, mit denen wir uns bisher unterhalten haben, führen jedoch ihre Wasserwechsel im wöchentlichen oder 14-tägigem Rhythmus durch. Davon tauschen einige immer so um die 20 bis 30% gegen Frischwasser, manche machen einmal im Monat zusätzlich noch einen größeren Wasserwechsel von über 50% und wiederum andere wechseln generell immer über 50%. Zur letzt genannten Gruppe zählen wir uns auch und wie wir das Thema Wasserwechsel sehen, darauf möchten wir nachfolgend ein wenig eingehen.
Was ist eigentlich ein Wasserwechsel und warum macht man den?
Man könnte jetzt meinen, wenn man von Wasserwechsel spricht, dass alle Tiere aus dem Aquarium genommen werden, das Wasser zu 100% getauscht und womöglich auch noch der Bodengrund gründlich ausgewaschen wird. Ja ok, das machen auch einige, doch ist das in unseren Augen nicht nötig, neben dem enormen Arbeitsaufwand für einen selbst auch sehr viel Streß für die Tiere und man zerstört das ganze Gleichgewicht. Wenn dann trifft es Teilwasserwechsel schon eher. Hier wird also nur ein Teil des Wassers getauscht und die Bewohner bleiben währenddessen auch im Becken.
In einem Aquarium sammeln sich unweigerlich verschiedene Stoffe an, welche das System und somit auch die Bewohner belasten können. Diese entstehen durch Atmung der Fische und Co., durch Ausscheidungen, Futterreste und so weiter. Auch bilden sich mit der Zeit verschiedene Keime, welche ebenfalls unsere Schützlinge beeinträchtigen können.
Jetzt ist es zwar so, dass ein Teil der anfallenden Stoffe durch verschiedene Kleinstlebewesen und Nutzbakterien sowie durch Pflanzen umgewandelt und verarbeitet wird, doch eben nicht alles und auch der beste Filter schafft es nicht, alles abzubauen und rauszufiltern.
Daher machen wir regelmäßig unsere Wasserwechsel, denn mit ihnen tragen wir Schadstoffe, überschüssige Nährstoffe von Pflanzendüngern sowie Algensporen aus, senken die Keimdichte und führen frische Mineralien zu, welche von den Pflanzen und Bewohnern laufend aufgenommen werden.
Nun bleibt die Frage, wie oft und wieviel Wasser wechseln?
Ein zuviel an Wasserwechsel gibt es unserer Meinung nach nicht. Man braucht auch keine Sorgen haben, dass man die nützlichen Bakterien dabei zu stark dezimieren würde, denn diese sind substratgebunden, was bedeutet, dass sie größtenteils im Bodengrund, auf Deko und Pflanzen sowie im Filter sitzen. Im Wasser selbst befinden sich wenn dann eher schädliche Bakterien bzw. Keime.
Wir selbst haben über die Jahre hinweg die besten Erfahrungen mit größeren Wasserwechseln gemacht und tauschen daher wöchentlich gut 60 bis 80% gegen frisches Wasser aus.
Ein Rechenbeispiel, warum wir unter anderem soviel wechseln…
Mal davon abgesehen, ob und wieviel Pflanzen und Nutzbakterien inklusive der im Filter sitzenden an Schadstoffen verarbeiten würden, denn nicht jeder hat eine dichte und ausgewogene Mischung schnell- und langsamwachsenden Pflanzen oder überhaupt welche im Aquarium und zum anderen ändert sich die Pflanzenmasse durch Wachstum und Zurückschneiden ständig. Weiterhin hängt es auch von der Art und Leistung des Filters und der Filtermedien ab und ein Filter arbeitet auch nicht fortwährend gleich gut.
Nehmen wir also mal nur die entstehenden Schadstoffe und Keime und davon produziert ein 100 Liter Aquarium beispielsweise 100 Teile pro Woche. In diesem Becken werden wöchentlich 20% Wasser gewechselt. So ergibt sich folgende Rechnung:
- Woche: 100 Teile Schadstoffe / Keime – 20% Wasser = verbleiben 80 Teile Schadstoffe / Keime im Becken
- Woche: 100 Teile neue Schadstoffe / Keime + 80 Teile der vorherigen Woche = 180 Teile – 20% = 144 Teile
- Woche: 100 Teile + 144 Teile = 244 Teile – 20% = 195,2 Teile
- Woche: 100 Teile + 195,2 Teile = 295,2 Teile – 20% = 236,16 Teile
Nehmen wir das gleiche 100 Liter Aquarium, welches wieder 100 Teile Schadstoffe / Keime pro Woche produziert und machen dort 80% Wasserwechsel jede Woche, so ergibt sich folgende Rechnung:
- Woche: 100 Teile Schadstoffe / Keime – 80% Wasser = verbleiben 20 Teile Schadstoffe / Keime im Becken
- Woche: 100 Teile neue Schadstoffe / Keime + 20 Teile der vorherigen Woche = 120 Teile – 80% = 24 Teile
- Woche: 100 Teile + 24 Teile = 124 Teile – 80% = 24,8 Teile
- Woche: 100 Teile + 24,8 Teile = 124,8 Teile – 80% = 24,96 Teile
Das nachfolgende Diagramm zeigt das nochmal recht anschaulich…
Man sieht, dass sich in dem Aquarium wo jede Woche nur 20% gewechselt werden, die Schadstoffe und Keime innerhalb von vier Wochen mehr als verdoppeln und dazu noch recht hohe Werte vorliegen, wogegen die Ansammlungen in dem anderen Becken wo wöchentlich 80% getauscht werden, nahezu gleichbleibend niedrig sind.
Für uns ist das eine einfache aber plausible Aufschlüsselung und da wir uns nicht nur alleine auf die natürlichen Prozesse im Aquarium verlassen und nicht warten möchten, bis wir vor kränklichen Tieren sitzen, tragen wir lieber regelmäßig ausreichend Stoffe aus.
Wie macht man nun den Wasserwechsel, wie sieht es mit Mulm saugen und der Filterreinigung aus?
Um einen Teil des Aquarienwassers zu tauschen, entnimmt man zuerst soviel wie gewünscht und füllt anschließend frisches Wasser auf. Ob man das nun mit einem Becher macht und damit das Wasser in einen Eimer oder eine Gießkanne füllt oder ob man einen Schlauch nimmt, ist dabei eigentlich egal und ebenso beim auffüllen des Aquariums, hauptsache man ist soweit vorsichtig, dass keine Pflanzen ausgerissen, möglichst nichts aufgewühlt und die Bewohner nicht zu verschreckt oder gar verletzt werden.
Wir bei uns hier nehmen für die kleinen Nanobecken am liebsten einen 5 oder 10 Liter Eimer, welcher ausschließlich für die Aquarien genutzt wird und einen 9/12 mm Aquarienschlauch, den wir an dem Ende, welches in das Becken führt, mit etwas Fliegengitter und einem Gummiband gesichert haben, damit wir nicht versehentlich Tiere absaugen. Für die größeren Aquarien nutzen wir dagegen ein Wasserwechselset, welches direkt mit dem Waschbecken und dem Wasserhahn verbunden ist, denn hier kommen doch ein paar Liter zusammen und das mit Eimern zu schleppen, kann sehr anstrengend werden. Dazu kann man sich mit entsprechenden Steckverbindungen und einem Gartenschlauch selber was basteln oder man greift auf fertige Sets im Handel zurück, wie zum Beispiel das JBL Aqua In-Out Wasserwechselset.
Ein klein wenig aufwändiger wird es, wenn man spezielle Wasserwerte für seine Pfleglinge benötigt, welche sich nicht mit dem Leitungswasser decken oder wenn das Leitungswasser bereits mit diversen Schadstoffen belastet ist, welche den Aquarienbewohnern schaden würden. Hier wird das Wechselwasser außerhalb des Aquariums vorbereitet indem man unter anderem eine Osmoseanlage und spezielle Mineralsalze nutzt oder eine Torfkanone und dergleichen. Hat das Wasser die gewünschten Werte – bitte hier immer ganz genau messen – dann kann es gegen das verbrauchte Wasser in gewünschter Menge getauscht werden.
Was Mulm und Schmutz absaugen betrifft – also Futterreste, Kot und abgestorbene Pflanzenteile etc. zu entfernen, so hängt das unter anderem vom Besatz ab. Manche Aquarienbewohner benötigen große Mengen Futter und haben einen guten Stoffwechsel, weshalb es dann auch viele Ausscheidungen gibt. Hier ist in den meisten Fällen durchaus öfters absaugen angesagt. Mulm ansich ist aber nichts schlechtes – ganz im Gegenteil, denn er besteht vorwiegend aus verschiedenen nützlichen Bakterien und Kleinstlebewesen, von denen sich wiederum einige unserer Pfleglinge ernähren wie zum Beispiel der Nachwuchs einiger Fische und Garnelen. Weiterhin ist Mulm auch ein guter Dünger für die Pflanzen im Aquarium. Daher wenn notwendig einfach stellenweise und nicht zu übergründlich mit einem Schlauch oder speziellem Mulmsauger während des Wasserwechsels mit absaugen.
Weit verbreitet ist leider immer noch, dass man die Filterreinigung nicht zeitgleich mit Wasserwechsel durchführen sollte, da angeblich zuviele Nutzbakterien dabei verloren gingen. Dies ist so jedoch nicht ganz richtig! Nutzbakterien sind, wie weiter oben bereits geschrieben, substratgebunden und leben im Filter, auf Filtermedien, auf Deko und Pflanzen sowie im Bodengrund. Demnach kann man durchaus die Filtermedien oder zumindest einen Teil davon in abgeschöpftem Aquarienwasser reinigen und Wasserwechsel zugleich durchführen, solange man den Bodengrund nicht oder nicht übermäßig vom Mulm befreit.
Was gibt es beim Wasserwechsel sonst noch zu beachten und benötigt man einen Wasseraufbereiter?
Wie schon erwähnt, kann man unserer Ansicht nach nicht zuviel Wasser wechseln, doch manchmal gibt es dabei Probleme und es wird einem schnell die Schuld gegeben, dass man zuviel gemacht hätte. Ein Aquarium kann man nicht vollständig mit der Natur vergleichen bzw. müsste dann auch weitere Punkte mit einbeziehen, doch sieht man sich in der Natur verschiedene Bäche, Flüsse und so weiter an und hält sein Augenmerk auf einen bestimmten Punkt, so kann man feststellen, dass hier jede Sekunde ein 100%iger Wasseraustausch und durch die Strömung somit ein gewisser Abtransport von diversen Stoffen und Ansammlungen stattfindet.
Selbst in vermeintlich stehenden Gewässern wie in Seen ist das Wasser mehr oder weniger in Bewegung und weiterhin regnet es ja auch mal, so dass von oben her auch Wasser hinzu kommt. Würden die Wasserbewohner das nicht vertragen, sähen alle Gewässer wohl deutlich anders aus…
Warum also treten hin und wieder Probleme nach den Wasserwechseln auf?
Ein Punkt wäre, dass sich die Wasserwerte, insbesondere die Härte und der pH Wert vom Beckenwasser zum frischen Wasser zu sehr unterscheiden oder dass die Temperatur zu unterschiedlich ist. Die ersten Anzeichen hierfür sind sichtliches Unwohlsein, apatisches Stehen in einer Ecke, Taumeln, Bewegungslosigkeit, starke Blässe oder Luftbläschen am Körper und insbesondere an den Kiemen der Tiere (Stichwort Gasbläschenkrankheit). In schlimmen Fällen kann es auch passieren, dass die Tiere einfach umkippen. Daher achte beim Wasserwechsel unbedingt darauf, dass die Wasserwerte und Temperatur vom gewohntem Beckenwasser zum Frischwasser annähernd identisch sind und führe den Austausch schön langsam durch.
Weiterhin sind Vergiftungen durch belastetes Leitungswasser nicht unüblich. Besonders Wirbellose wie Garnelen, Krebse, Krabben und Schnecken sowie Krallen- und Zwergkrallenfrösche, Axolotl und ähnliche reagieren sehr empfindlich auf Kupfer und allgemein auf Schwermetalle. Schon geringe Mengen, welche noch nicht mal von vielen üblichen Tests gemessen werden können, können hier zu Ausfälle führen. Große Gefahr geht unter anderem von Warmwasserleitungen und besonders von neu verlegten Rohren aus, da sich hier noch keine schützende Kalkschicht gebildet hat.
Ähnlich ist es mit Chlor auf das unsere Aquarienbewohner reagieren, doch leider zeigen viele Chlortests nicht korrekt an, was es uns nicht einfacher macht. Von Zeit zu Zeit spülen die Wasserwerke ihre Leitungen um Krankheitserreger, Bakterien und ähnliches zu eliminieren. Dies geschieht unter anderem nach einem Rohrbruch in der Umgebung oder im Sommer, wenn es sehr heiß ist und es dann diverse Keime besonders leicht haben sich auszubreiten. Viele Wasserwerke kündigen eine Reinigung in der Tageszeitung an, müssen dies jedoch nicht. Auf den typischen Schwimmbadgeruch kann man sich auch nicht immer verlassen, denn der entsteht nur bei entsprechender Verunreinigung des Wassers, ansonsten ist Chlor nämlich geruch- und farblos.
Das bringt uns dann gleich zum nächsten Punkt, ob man Wasseraufbereiter unbedingt braucht. Wasseraufbereiter sind unter Aquarianern oft ein Streitthema und viele sagen, es ginge auch ohne und wäre rausgeworfenes Geld. Um ehrlich zu sein, nutzen wir schon immer welchen und werden dies auch weiterhin tun, schon alleine wegen unserer Garnelen und Schnecken, die sich in fast allen Becken tummeln und zum anderen wegen eventuellem Chlor, auf das alle Aquarienbewohner reagieren können. Weiterhin binden hochwertige Wasseraufbereiter nicht nur Chlor, Kupfer und weitere Schwermetalle, sondern fügen auch noch nützliche Stoffe wie zum Beispiel Dexpanthenol, Mineralien und Spurenelemente hinzu.
Alternativ könnte man aber statt des Wasseraufbereiters auch spezielle Filteranlagen, Ionenaustauscher oder wie vorher schon erwähnt, eine Osmoseanlage nutzen, welche die entsprechenden Stoffe aus dem Wasser entfernen.
Zusammenfassung des Themas Wasserwechsel im Aquarium
Für uns sind Wasserwechsel sehr wichtig und führen sie daher regelmäßig in größeren Mengen durch, um ausreichend Schadstoffe und Keime aus dem Aquarium zu entfernen. Dabei gehen wir langsam vor und achten auf angepasste Wasserwerte und Temperatur, damit der Besatz keinen Schaden nimmt. Dem Wechselwasser fügen wir einen Wasseraufbereiter laut Dosierungsempfehlung hinzu, um eventuell vorhandene Schwermetalle sowie Chlor unschädlich zu machen oder filtern das Wasser vorher über eine Mischung aus Aktivkohle und Zeolith. Bevor wir mit dem Wasserwechsel jedoch beginnen, stecken wir alle Filter / Pumpen, Heizstäbe und andere sich im Wasser befindliche Technik aus, damit weder die Hardware durch trockenlaufen beschädigt wird, noch dass wir und der Besatz Schaden nehmen, denn mit Wasser und Strom darf man wirklich nicht spaßen.
Je nach Notwendigkeit wird während des Wasserwechsels stellenweise Mulm abgesaugt und hat die Filterleistung deutlich nachgelassen, so reinigen wir die Filtermedien grob in abgeschöpftem Aquarienwasser, um die wichtigen Nutzbakterien möglichst zu schonen – je nach Filtermodell aber auch nur einen Teil der Medien.
Was das Wasserwechselzubehör wie Eimer, Schläuche, Mulmsauger und so weiter betrifft, so wird dieses selbstverständlich nur für die Aquarien genutzt, kam noch nie mit Putzmitteln in Kontakt und wir räumen es anschließend immer sauber auf, damit die Sachen nicht nur lange halten, sondern auch keinen anderen schädlichen Substanzen wie Duftöle, Raumsprays, Deos oder Küchendämpfe etc. ausgesetzt sind.