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Einlaufphase eines Aquariums

Einlaufphase

Ein neues Aquarium ist eingerichtet, die Pflanzen wiegen sich leicht in der Strömung des Filters und alles sieht einfach nur wunderbar aus. Was gäbe es jetzt noch schöneres, als ein paar hübsche Bewohner darin zu beherbergen?

Besonders wenn es das erste Aquarium ist und man vor Freude regelrecht hibbelig ist, ist das Wort „Geduld“ schon fast aus dem Wortschatz gestrichen. Verstehen wir, denn uns und vielen anderen ging und geht es ja auch nicht anders. Doch bis ein Aquarium ein guter Lebensraum für unsere Schützlinge wird, müssen sich erstmal verschiedene Dinge einpendeln und das bringt uns zum Thema Einlaufphase.

Was die Einlaufphase eines Aquariums betrifft, so gibt es sehr viele unterschiedliche Meinungen und Erfahrungen. Pauschal zu sagen, mach das so oder so oder nur so funktioniert es, ist leider nicht möglich, denn es kommt auf die einzelnen Umstände an. Wie wir dieses Thema sehen und wie unsere Beobachtungen und Erfahrungen dazu sind, möchten wir nachfolgend schildern.

Was ist diese „Einlaufphase“ denn überhaupt?

Unter der Einlauf- oder auch Einfahrphase versteht man eine gewisse Zeit, in der sich unter anderem schadstoffabbauende Nutzbakterien und diverse Mikroorganismen bilden. Pflanzen haben zudem Zeit sich einzugewöhnen und sich zu verwurzeln und sie fangen langsam an zu wachsen, wodurch sie Sauerstoff produzieren und ebenso Schadstoffe verwerten.

Weiterhin sollen sich in dieser Einlaufphase die Wasserwerte stabilisieren. In den ersten Wochen entsteht oft ein sogenannter Nitritpeak – also ein abrupter Anstieg von Nitrit (NO2), der sich über Tage hinweg aufbaut und dann von alleine wieder fällt, wenn die Nutzbakterien ihre Arbeit erledigen können. Aber nicht nur das, auch die Wasserhärte und der pH Wert können sich noch verändern, zum Beispiel durch Huminsäuren von Laub und Wurzelholz oder aufhärtenden Steinen und so weiter.

Kurz gesagt stellen sich in den ersten Wochen unterschiedliche Prozesse ein, welche weitere Prozesse in Gang setzen und die wiederum verschiedene Bakterien, Kleinstlebewesen und ja, auch Algen hervorbringen. Ein steriles Becken, in dem alles entstehende ständig bekämpft und entfernt wird, läuft genauso instabil wie ein verwahrlostes Aquarium und ist somit kein Lebensraum, in dem die Bewohner ein langes, gesundes Leben führen können.

Wann kann dann der Besatz einziehen?

Wie schon erwähnt, gibt es zum Thema Einlaufphase sehr unterschiedliche Meinungen und Erfahrungen, denn jeder entwickelt für sich und seine Aquarien mit der Zeit seinen ganz eigenen Weg. Manche lassen ihre Becken mehrere Wochen lang komplett ohne Besatz einfahren und machen während dieser Zeit viele Wasserwechsel oder auch gar keine, manche setzen gleich zu Beginn ein paar Schnecken ein und fahren nach wenigen Tagen mit dem weiteren Besatz fort und andere dagegen besetzen ein Aquarium sofort mit dem vollen Besatz und machen die erste Zeit sehr viele große Wasserwechsel.

Das mag alles durchaus funktionieren ohne dass der Besatz Schaden nimmt, aber für einige Varianten braucht es unserer Meinung nach schon ein geübtes Auge und erfahrenes Händchen, um zu erkennen, wie man gegen was wann handeln sollte. Als gutes Beispiel wäre hier Nitrit (NO ) erwähnt, ein für viele Aquarienbewohner gefährlicher Stoff, der den Sauerstofftransport im Blut blockiert oder auch diverse 2 2 Pestizide, mit denen Aquarienpflanzen in den Gärtnereien oftmals behandelt werden, auf die vorallem Wirbellose wie Garnelen und Flußkrebse, aber auch einige Fischarten reagieren. Wird dann nicht umgehend korrekt gehandelt, kann es schnell das Ende für unsere Lieblinge sein.

Aus diesem Grund empfehlen wir besonders Anfängern sich die ersten Wochen in Geduld zu üben, auch wenn es verständlicherweise nicht einfach ist. Aber keine Sorge, ein Aquarium ist deswegen keineswegs langweilig, denn man kann nämlich wirklich viel in einem vermeindlich leerem Aquarium sehen. Angefangen von verschiedenen Kleinstlebewesen wie Hüpferlinge, harmlose Scheibenwürmer und so weiter, die sich so einleben oder auch die Pflanzen beobachten wie sie wachsen und welch verschiedene Algenarten entstehen und mit der Zeit wieder verschwinden, wenn sich das Gleichgewicht langsam einpendelt. Natürlich kann man die Zeit aber auch gut nutzen, um vielleicht das ein oder andere im Aquarium noch zu verbessern und um sich über Aquarien, die Technik, dem Wasser, den Pflanzen und dem zukünftigen Besatz zu belesen sowie sich mit anderen erfahrenen Aquarianern auszutauschen.

Schnecken als Erstbesatz während der Einlaufphase

Je nachdem welcher Besatz letztendlich geplant ist, können allerdings schon nach wenigen Tagen unempfindlichere Schnecken wie Blasen- (Physella acuta), Posthorn– (Planorbella duryi) oder Turmdeckelschnecken (Melanoides tuberculata) einziehen und hat mit ihnen dann auch schon ein wenig mehr zu beobachten. Zudem sind sie auch sehr nützlich, denn sie kümmern sich um feinsten Algenaufwuchs, Bakterienrasen, abgestorbene Pflanzenreste und fördern die Nutzbakterien und Kleinstlebewesen mit ihren Ausscheidungen.

Wasserwechsel empfehlen wir gleich von Beginn an so durchzuführen, wie sie letztendlich geplant sind – also zum Beispiel alle 7 bis 10 Tage 50 bis 80% mit dem an das Aquarium in Härte, pH und Temperatur angepasstem Wasser.

Wie wir unsere Aquarien einfahren…

Aquarium mit mehreren Wochen Einlaufzeit

Hier richten wir unser Aquarium ganz normal wie gewünscht und für den zukünftigen Besatz passend ein. Wenn nötig, bereiten wir das Wasser vorher auf und nehmen wenn das Aquarium befüllt ist, die Technik wie Filter, Heizstab, CO2-Anlage etc. laut Bedienungsanleitung in Betrieb. Was die Beleuchtung angeht, so gibt es auch hier unterschiedliche Erfahrungswerte. Oft bewährt hat sich und wie wir es auch handhaben, erstmal mit 6-8 Stunden am Tag zu beginnen und langsam auf 10-12 Stunden zu erhöhen.

Im Handel sind neben Wasseraufbereiter auch sogenannte Starterbakterien erhältlich. Ob diese wirklich was bringen, muß jeder für sich entscheiden, aber schaden tun sie in der Regel nicht, wenn man sich wie bei allem anderen auch, an die Dosierungsempfehlung hält. Wer die Möglichkeit hat kann alternativ oder auch zusätzlich Material aus anderen gut laufenden Aquarien einbringen und das wäre eigentlich alles, auf dem sich die substratgebundenen Nutzbakterien niederlassen, wie zum Beispiel Filtermaterial, Filterschlamm, etwas Bodengrund, Pflanzen und Deko.

Wir geben jedenfalls auf neues Filtermaterial immer ein paar Starterbakterien und impfen zusätzlich mit Filterschlamm an, da wir ja noch weitere Becken hier stehen haben. Damit die nützlichen Bakterien allerdings nicht verhungern, brauchen sie auch etwas Nahrung, die sie in einem frischen Aquarium noch kaum nden, weshalb wir am nächsten Tag oder in den darauffolgenden Tagen ein paar der oben genannten Schnecken einsetzen und / oder täglich ein klein wenig Futter in das Becken geben. Von Wildfang-Schnecken wie Clithon, Neritina, Paludomus, Vittina und so weiter, lassen wir erstmal die Finger, denn diese Arten sind auf satten Algenaufwuchs und Biofilm angewiesen, der noch nicht (ausreichend) vorhanden ist, denn wir wollen ja nicht, dass uns diese schönen Schnecken elendig verhungern. Um das Verhungern zu vermeiden, solltest du zu früh diese Schnecken gekauft haben, empfehle ich dir unsere Futterstein-Rezepte.

So lassen wir das Ganze für die nächsten vier bis sechs Wochen laufen und kontrollieren zwischendurch immer mal die Wasserwerte, um zu sehen, wie sie sich so entwickeln. Wasserwechsel führen wir, wie sonst auch, wöchentlich durch ohne dabei Mulm zu saugen – also nur altes Wasser raus und frisches Wasser rein. Da sich die Nutzbakterien im Filter, im Bodengrund, auf Deko und Pflanzen befinden, schaden diese Wasserwechsel nicht – ganz im Gegenteil, denn damit senken wir die Keimdichte und füllen verbrauchte Mineralien auf.

Wenn sich das Aquarium eingependelt hat, alles gut gedeiht und kein Nitrit nachweisbar ist, fahren wir mit dem weiteren Besatz fort – immer schön langsam, nicht alles auf einmal, unempndlichere Arten zuerst und füttern sparsam mit hochwertigem Futter, denn die wichtigen Nutzbakterien müssen sich auf die vermehrte Arbeit auch erst wieder anpassen.

Aquarium aufbauen und bald besetzen

Sollte es doch einmal schneller gehen müssen, zum Beispiel weil ein Aquarium undicht wurde oder wir ein Aquarium samt Besatz übernehmen, dann klappt das mit lange genug einlaufen zu lassen nicht.

Bei der Einrichtung und Inbetriebnahme gehen wir hier genau so vor, wie bei der ersten Variante mit der Einlaufphase, nur dass wir in solchen Fällen dann so viel wie möglich aus anderen Becken übernehmen, um eine möglichst gute Population von Nutzbakterien und Kleinstlebewesen zu überführen. Falls ein Backup-Filter schon länger an einem unserer Aquarien mitläuft, so übernehmen wir diesen vollständig und vorallem ungereinigt in das neu eingerichtete Becken. Zusätzlich Starterbakterien aus dem Handel zu nutzen, ist dann aber auch nicht verkehrt.

Pflanzen verwenden wir in einem solchen Fall nur aus laufenden Aquarien oder greifen zu sogenannte Invitro Pflanzen, denn herkömmliche Bund- und Topfpflanzen können durchaus gut mit Pestiziden belastet sein, welche sich wegen der fehlenden Einlaufphase nicht abbauen können, so dass sie keine 2 Gefahr mehr für unsere Bewohner wären.

Haben wir wenigstens noch ein paar Tage Luft, dann lassen wir das Becken zumindest diese Tage ein wenig einlaufen und machen am Tag bevor der Besatz einzieht, einen großen Wasserwechsel von gut und gern 90% – ansonsten kommt der Besatz nach der Umgewöhnung gleich in das Aquarium. Wichtig ist, dass die Wasserwerte und Temperatur natürlich passen, genauso wie sonst auch.

Je nach Alter und Zustand der Tiere wird in den nächsten paar Tagen nicht oder wenn doch notwendig, dann nur sehr sparsam gefüttert und liegengebliebenes Futter nehmen wir umgehend raus.

Ab jetzt ist viel Beobachtung gefragt mit ständiger Kontrolle der Wasserwerte, insbesondere des Nitrit (NO2) und pH-Wertes, denn trotz gebrauchter Materialien kann sich ein mehr oder wenig großer Nitritpeak entwickeln und auch der pH-Wert kann anfangs noch schwanken. Gibt es einen Anstieg des Nitritwertes und / oder verhalten sich die Tiere auffällig – atmen schnell, schnappen an der Wasseroberäche Luft, schießen panikartig hin und her oder sind apatisch, dann erstmal Ruhe bewahren, denn mit Hektik passieren leicht Fehler und die können wir hier dann auf gar keinen Fall brauchen. Als nächstes machen wir umgehend einen großen Wasserwechsel von mindestens 80% und das schön langsam mit temperiertem und an den anderen Wasserwerten angepasstem Wasser. Filter und Bodengrund wird dabei nicht gereinigt, sonst würden wir von den anscheinend eh noch zu wenigen Nutzbakterien welche entfernen. Ist der Wasserwechsel beendet, dann beobachten wir wieder gut wie es dem Besatz geht und stellen zudem den Filterauslauf so ein, dass er die Wasseroberäche wegen dem Gasaustausch und der Sauerstoffsättigung gut bewegt. Je nach Schadstoffbelastung kann es notwendig sein, den Wasserwechsel mehrmals täglich einige Tage lang durchzuführen. Hier dann lieber mehr Sorgfalt walten lassen als dass man Tiere deswegen verliert und die paar Tage gehen auch vorüber. Ist der Besatz nicht auffällig, heißt das allerdings noch lange nicht, dass keine Schadstoffe vorhanden sind bzw. keine hohen Keimbelastungen vorliegen und daher wechseln wir in den nächsten Wochen grundsätzlich alle 3-5 Tage einen guten Teil des Wasser, nicht dass noch Spätfolgen auftreten.

Diese Variante mit dem Sofortbesatz machen wir wirklich nur, wenn es nicht anders geht, denn das kann gut gehen, muß es aber nicht und ist für einen selbst als auch für den Besatz ein mehr oder weniger großer Streß. Außerdem kann man in den ersten Wochen soviel von der ganzen Entwicklung lernen, spannend kann es insgesamt auch sein und da wäre es doch schade, das zu verpassen. Da üben wir uns also lieber in Geduld und lassen es langsam angehen, wodurch wir auch viel weniger Arbeit und Streß haben.

Grundsätzlich gilt…

Jedes Aquarium ist anders und es gibt bei vielen Sachen sowie bei den Pflanzen und Tieren so einiges zu beachten, daher kann man wirklich nicht pauschal sagen, was wann wie zu machen ist. Mit einigen „Wundermittelchen“, die es so zu kaufen gibt, ist manchmal auch etwas Vorsicht angebracht, denn nicht alle wirken immer so wie sie angepriesen werden und sind nicht immer für alle Pflanzen und Tiere verträglich. Informiere Dich daher vorab gut, wenn Du Dir bei etwas unsicher bist und habe keine Scheu, Dich von anderen erfahrenen Aquarianern führen zu lassen, wenn Du Dir nicht zu helfen weißt. Dazu gibt es neben verschiedenen Aquarienvereinen und Arbeitskreisen auch etliche wirklich sehr gute Aquaristikforen und -gruppen. Lieber einmal zuviel gefragt, als zu wenig.

Wichtig für jeden Aquarianer ist viel Geduld, nicht nur während der ersten Wochen. Beobachte gut aber mache keine Fehlinterpretationen und zu 99% aller Fälle wenn etwas außer der Reihe läuft, sind ein oder mehrere große Wasserwechsel mit angepasstem Wasser sehr zu empfehlen.

Hinweis

Möchtest Du ein Aquarium mit sogenanntem Soil – ein aus Erden gebrannter aktiver Bodengrund – betreiben, so wäre die Vorgehensweise unserer Meinung nach deutlich anders zu empfehlen. Der Grund dafür ist, dass ein solcher Bodengrund die Wasserwerte stark beeinusst und gerade in Bezug auf vorgedüngte Soils anfangs enorme Wasserbelastungen entstehen können.

Hier bitte auf jedenfall wenigstens ein paar Wochen das Aquarium ohne Besatz einfahren lassen, die Wasserwerte gut im Auge behalten und die erste Zeit alle zwei bis drei Tage einen großen Wasserwechsel durchführen, um überschüssige Nährstoffe auszutragen, welche, wenn sie sich anreichern, dem Besatz nur schaden würden bzw. den Algen zugute kämen.

Danke

Aquabits.de

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